Ratssitzung am 16.09.2020 – Rheinhessenstuben und Fahrradweg

 

Von Otto Breyer

Am Mittwoch, den 16.09.2020, war es wieder soweit: die Baugebiete „Am Baiernhübel“ und der Fahrradweg nach Sörgenloch standen – neben einigen anderen Themen – auf der Agenda. Seit nun mehr als einem halben Jahr finden sämtliche Gemeinderatssitzungen und Ausschüsse wegen der Corona-Vorgaben in der Gemeindehalle statt. So weit so gut, sollte man meinen, jedoch zeigten die anwesenden Bürger*innen zum wiederholten Mal regen Unmut über die Tatsache, dass sie aufgrund der katastrophalen Akustik im Saal von den Redebeiträgen wenig bis gar nichts verstehen konnten. Dies führte sogar soweit, dass nach nur 10 Minuten der erste Bürger die Sitzung verließ. Bedauernswerter Weiße ist es der Ortsverwaltung bisher nicht gelungen, eine Lösung und somit eine Besserung für die Besucher*innen zu erzielen.

Der Tagesordnungspunkt 2 stellte sich als ein Thema heraus, dass es in sich hatte: Der Abschluss eines städtebaulichen Vertrages gemäß § 11 BauGB zur Sicherstellung der verkehrstechnischen Anbindung der künftigen Baugebiete „Hauptstraße-Ost BA 2“ und „Am Baiernhübel“.

Ziel dieses Vertrages ist es, der Gemeinde zu ermöglichen, eine Straße in der Verlängerung der hinteren Landstraße bis hin zum Friedhof auf der L432 zu bauen (siehe Grafik). Der Grundstückseigentümer (IDEAL Investor) verpflichtet sich darin, einen 8m breiten Streifen für eine zukünftige Straße an die Ortsgemeinde abzutreten. Die Ortsgemeinde wiederum verpflichtet sich in dem Vertrag, für den Investor zeitnah einen Bebauungsplan für das Baugebiet „Am Baiernhübel“ aufzustellen. Ein erster Entwurf des Vertrages wurde bereits im Bau-Ausschuss vor wenigen Wochen diskutiert. Da dieser Entwurf jedoch sehr unpräzise formuliert war, wurde mit Zustimmung aller Ausschussmitglieder*innen beschlossen, den Entwurf zu überarbeiten und dem Gemeinderat eine überarbeitete Version zur Abstimmung vorzulegen. Es sollte in der Sitzung vom 16.09.2020 also über den neuen, geänderten Vertragsentwurf abgestimmt werden. Dieser war jedoch weder bei den Sitzungsunterlagen noch wurde er nachgereicht. Die CDU-Fraktion und wir von der WGH wiesen darauf hin, dass wir nicht bereit seien über einen nicht vorliegend Vertrag „blind“ abzustimmen, den von uns niemand vorher einsehen konnte. Mit der Mehrheit der SPD-Fraktion wurde der Ortsbürgermeister trotz alledem beauftragt, den im Rat nicht vorgelegten, finalen Vertrag mit allen eventuellen Verpflichtungen und Risiken mit dem Investor abzuschließen und zu unterschreiben. Dieser Umstand ist u. E. nach sehr außergewöhnlich  und vergleichbar mit der Unterzeichnung eines Arbeitsvertrages ohne diesen (mit allen seinen Regelungen) je gesehen zu haben.

In der weiteren Diskussion zu diesem TOP wurde überraschender Weise bekannt, dass die Ortsgemeinde Hahnheim Angabe gemäß ein Grundstück gekauft hätte:

Grundsätzlich ist jeder sinnwolle Grunderwerb erst einmal zu begrüßen. Es stellt sich jedoch zum einen die Frage, wieso der Gemeinderat darüber nicht Bescheid wusste und weshalb die Ortsgemeinde nicht auch die Flächen im „BA 2“-Gebiet (2. Bauabschnitt Baugebiet „Hauptstraße-Ost“) erworben hatte. Die Gemeinde und der Gemeinderat wären dann selbst in der Lage, die Grundstücksgrößen und m²-Preise für zukünftige Bauherren ohne Einschaltung eines Investors mit Gewinnerzielungsabsichten festzulegen. Stattdessen werden wie im „BA 1“-Abschnitt vermutlich lediglich Immobilien zum Erwerb angeboten. Die Chance auf individuelles Bauen für Familien ist hiermit erneut vertan.

Bei TOP 7 sollte über die Satzung für die Benutzung der Kindertagesstätten sowie den Betreuungsvertrag für die Kindertagesstätten abgestimmt werden. Der erste Entwurf des Vertrages wurde in der letzten Gemeinderatsitzung vom 25.06.2020 in der Kindergartenausschuss zur Beratung verwiesen. Der Kindergartenausschuss fand seit diesem Datum nicht mehr statt, sodass auch hier eine abschließende Beratung nicht stattfinden konnte.

TOP 10.3 befasste sich mit dem geplanten, großen Neubau von 2 Mehrfamilienhäusern mit 3 Vollgeschossen und 16 Wohnungen auf dem Gebiet der Rheinhessenstuben – wir berichteten vor kurzem. Der Sitzungsleiter informierte den Rat, dass dieser TOP vertagt werden würde und eine Sondersitzung im Oktober einberufen werden sollte. Für uns war nicht erkennbar, warum zu Gunsten eines Investors dieser Zeitdruck aufgebaut werden soll.

Ein Streitthema war unter TOP 11 wieder einmal der Fahrradweg nach Sörgenloch. Die SPD-Fraktion stellte einen Antrag auf Expertenanhörung. Demnach soll ein neutraler Experte die Thematik vollständig überprüfen und bewerten. Als Experte wurde in dem SPD-Antrag der Fachplaner Herr von Mörner als unabhängiger Experte vorgeschlagen, obwohl dieser bereits die Radwegeplanung auf der Nordseite in seinem Gutachten favorisierte. Von der gewünschten Neutralität kann hier also keine Rede sein. Die WGH wird einen unabhängigen, neutralen Experten der Verwaltung vorschlagen, damit der Radweg nun endlich und schnellstmöglich umgesetzt werden kann.

Sehr schade ist, dass eine sachbezogene Besprechung und Erörterung bei einigen (oder vielen) Tagesordnungspunkten leider nicht (mehr) möglich war und in unangenehme, kontroverse Diskussionen mündete.

Trotz allem war sich der Rat in den TOPs 6-8 einig, was wiederum zeigt dass trotz der diametral unterschiedlichen Meinungen ein geordnetes Miteinander möglich ist.

Herzlichst, Ihre Wählergruppe Hahnheim